Drone Records
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TIETCHENS, ASMUS - Marches Funebres

Format: CD
Label & Cat.Number: Die Stadt DS112 / Auf Abwegen aatp 32
Release Year: 2010
Note: re-issue of LP from 1989 (& 13th part of re-release series); comes with full colour poster booklet, reproduction of the original artwork & bonus-track "Grünschattiger Nachmittag" from 1979; lim. 600
Price (incl. 19% VAT): €15.00


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www.diestadtmusik.de

https://www.aufabwegen.de/at/?p=210


Das zentrale Stück von MARCHES FUNEBRES ist ’Grünschattiger Nachmittag’. Die bereits 1979 als Skizze mit analoger Rhythmusmaschine und Minimoog aufgenommene Komposition (hier als Bonustrack) ließ sich mit dem Fairlight CMI nicht realisieren. Es sollte neun Jahre dauern, bis der technische Standard der Audiplex Studios ausreichte, um die von vornherein geplante Orchesterversion einzuspielen. Mit Hilfe mehrerer Sampler, einer aufwendigen Kompositionssoftware, und nicht zuletzt mit Unterstützung meines Lehrers und Mentors Okko Bekker wurde 1988 das Stück nach wochenlanger Arbeit endlich zum Klingen gebracht. Spötter meinten damals, es klänge ein wenig so, als wolle Django den Bolero tanzen. Ein Urteil, dem ich mich nicht ganz verschließen konnte. Ich bin gewiss kein Freund seichter Unterhaltungsmusik, aber wenn schon Kitsch, dann auch richtig Kitsch. Insofern stehe ich auch heute noch im nachmittäglichen grünen Schatten. ’Linea 5′ sollte die Balance auf der LP herstellen, etwas ähnlich Strenges wie ’Linea 1 – 4′ schwebte mir vor. Aber ’Linea 5′ uferte völlig aus. Im Rausch der Delays und Hallräume verlor ich mich bis zur Erschöpfung in erratischen Klanggebirgen, einschließlich Elmsfeuer und Alpenglühen. Und wären nicht irgendwann die Bernhardiner mit den Schnapsfässchen gekommen – ich weiß nicht, wie diese spät-psychedelische Tour geendet hätte. Den Fragen der Spötter verschloss ich mich diesmal.
Mit MARCHES FUNEBRES hatte ich mich zum zweiten Mal auf symphonisches Glatteis begeben. Vorangegangen war die Faircomp-Serie, und es sollte noch ein dritter Versuch folgen: Die Kollaborations-LP “E” mit Okko Bekker. Das war’s denn aber auch. Der Schuster soll bei seinem Leisten bleiben. Dass aber eine LP wie diese überhaupt veröffentlicht werden konnte, zeigt, wie groß die Bandbreite des Möglichen 1989 geworden war. Spätestens jetzt, an der Schwelle zu den 90er Jahren taten sich neben dem rasch verblassenden Industrial weite, neue Horizonte auf. Rechner wurden erschwinglich, und die CD begann, das Vinyl zu ersetzen; frische Ideenschübe generierten eine bis dahin ungehörte Musikvielfalt. Der Neustart stand 1989 unmittelbar bevor.

Asmus Tietchens, 2010